Vom Feiern und vom Kopfschmerz - Zur aktuellen Situation auf dem Lehrstellenmarkt

Jetzt feiern sie wieder. „Die Aussichten für Jugendliche bei der Lehrstellensuche sind glänzend“, so der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages Ludwig Georg Braun in der „Bild“-Zeitung. Zu Beginn des kommenden Ausbildungsjahres wird es nach seiner Ansicht wieder mehr Ausbildungsplätze als Bewerber geben.

So erfreulich die Verbesserung auf dem Lehrstellenmarkt ist; die reale Situation für Hunderttausende Jugendliche ist eine andere:

Im März 2008 kamen auf 100 Bewerber 79 Ausbildungsplätze. Während das Bundesverfassungsgericht bereits 1980 urteilte, dass ein ausreichendes Angebot an betrieblichen Angeboten bei den Arbeitgebern liegt, bilden derzeit nur 24 % aller Betriebe aus. Die meisten Ausbildungsplätze, die 2007 zusätzlich angeboten wurden, waren hingegen staatlich finanzierte außerbetriebliche Ausbildungen.

Möglicherweise hat der DIHK-Präsident aber auch einfach die 385.00 Altbewerber „vergessen“, die seit über einen Jahr einen Ausbildungsplatz suchen und in unterschiedlichen Maßnahmen eine Warteschleife drehen. Ihr Anteil an der Gesamtbewerberzahl lag 2007 bei 52%; statistisch gesehen gelten sie jedoch nicht mehr als Ausbildungsplatz suchend, sobald sie in einer Maßnahme fitt gemacht werden sollen für eine Ausbildung...

Dafür werden sie dann aber schnell pauschal als „ausbildungsunfähig“ abgestempelt.

Kopfschmerzen bereitet mir die Tatsache, dass ca. 1,5 Millionen Menschen unter 25 Jahren in der Bundesrepublik über keinen Ausbildungsabschluss verfügen. Sind sie wirklich alle „ausbildungsunfähig“?

„Glänzende Aussichten“ haben in diesem Land vor allem die Besserverdienenden und Hochqualifizierten. Auf der Strecke bleiben Haupt- und Förderschüler/innen.
Als CAJler/innen glauben wir aus unserem christlichen Grundverständnis heraus, dass jeder junge Mensch „mehr Wert ist als alles Gold dieser Erde, weil er Sohn oder Tochter Gottes ist.“ (Joseph Kardinal Cardijn), und leiten daraus das Recht jedes jungen Menschen auf gesellschaftliche Teilhabe ab. Ohne berufliche Ausbildung aber werden die Chancen junger Menschen auf ein „Leben in Fülle“ und Würde drastisch reduziert. Deshalb unterstützen wir das Anliegen der Initiative „Ausbildung für alle“, mit der Jugendliche aus ganz Deutschland ein Grundrecht auf Ausbildung und einen finanziellen Ausgleich zwischen ausbildenden und nicht ausbildenden Betrieben fordern (www.ausbildung-fuer-alle.de).

Bis es aber soweit ist, dass jeder junge Mensch einen passenden Ausbildungsplatz angeboten bekommt, sollten wir das Wort „ausbildungsunfähig“ aus unserem Sprachgebrauch streichen oder es alternativ zum Unwort des Jahres küren.

Termine

Fr, 14.06.24 - So, 16.06.24 Vorkämpfer*innenschulung: Sehen Urteilen Handeln + Mini CAJ Basics in Frankfurt
Sa, 07.09.24 Finanzausschuss II in Köln
Fr, 20.09.24 - So, 22.09.24 Aktionstage der CAJ Deutschland in Mannheim
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